Was versteht man unter süßem Rotwein?
Süßer Rotwein bezeichnet Rotweine mit hohem Restzuckergehalt, die ein deutlich wahrnehmbares süßes Geschmacksprofil besitzen. Anders als trockene oder halbtrockene Vertreter wird der Zucker hier nicht vollständig vergoren, was dem Wein seine charakteristische fruchtige Süße und milde Struktur verleiht.
Definition laut EU-Richtlinie: Ein Wein gilt ab einem Restzuckergehalt von über 45 g/l als „süß“.
Herstellung: So entsteht süßer Rotwein
Die Produktion süßer Rotweine erfordert präzise Kellertechnik und Fingerspitzengefühl. Typischerweise wird die alkoholische Gärung gezielt gestoppt, damit ein Teil des Zuckers erhalten bleibt. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen:
- Kältebehandlung: Die Gärung wird durch Abkühlen des Mostes gestoppt.
- Schwefelzugabe: Schwefel verhindert die Aktivität der Hefen.
- Filtration: Hefen werden vor vollständiger Gärung entfernt.
Wichtig ist dabei der Schalenkontakt während der Maischegärung, um die kräftige Farbe und typische Tannine zu erhalten.
Bekannte süße Rotweinsorten
Dornfelder süß (Deutschland)
Die Rebsorte Dornfelder ist der Klassiker unter den süßen Rotweinen aus deutschen Anbaugebieten. Produzenten wie Judith Dorst beweisen, dass auch süße Dornfelder Weine hohe Qualität und Aromafülle erreichen können – mit Noten von Kirsche, Brombeere und feiner Säurebalance.
Lambrusco dolce (Italien)
Lambrusco hat den Ruf des Partyweins, wurde aber in den letzten Jahren neu interpretiert. Hochwertige Lambrusco dolce bieten dezente Perlage, beerige Süße und sind besonders frisch und lebendig im Geschmack.
Brachetto d’Acqui (Italien)
Ein edler Dessertwein mit feinem Mousseux und Aromen von Erdbeeren, Rosen und Gewürzen. Passt ideal zu Schokoladendesserts.
Recioto della Valpolicella (Italien)
Aus getrockneten Trauben gekeltert, bietet dieser Rotwein eine konzentrierte Süße, gepaart mit würziger Tiefe. Ein echtes Erlebnis zu kräftigem Käse oder dunkler Schokolade.
Geschmack: Was macht süßen Rotwein aus?
Süße Rotweine zeichnen sich durch ein harmonisches Zusammenspiel von Zucker, Säure und Frucht aus. Typisch sind:
- Aromatik: Reife Kirschen, Pflaumen, schwarze Johannisbeeren, manchmal auch Schokolade oder Gewürze
- Alkoholgehalt: Meist moderat (8–12 % vol.), bei Recioto auch höher
- Mundgefühl: Weich, rund, samtig
Süße Rotweine sind nicht klebrig, sondern – wenn gut gemacht – balanciert und elegant.
Halbtrocken vs. süß: Wo liegt der Unterschied?
Die Grenzen sind fließend, aber klar definierbar:
Weintyp | Restzuckergehalt (g/l) | Geschmack |
Trocken | 0 – 9 | Kaum süß, knackig, herb |
Halbtrocken | 10 – 18 | Dezent süßlich, ausgewogen |
Lieblich | 18 – 45 | Deutlich süß, weich |
Süß | > 45 | Vollmundig süß, Dessertwein |
Tipp: Primitivo und Ripasso-Weine schmecken oft halbtrocken, auch wenn es nicht deklariert ist. Der Zuckergehalt gibt Aufschluss.
Servierempfehlungen: So genießt man süßen Rotwein richtig
- Temperatur: 12–14 °C – leicht gekühlt entfalten sich Frucht und Frische optimal
- Speisen: Passt ideal zu Schokoladendesserts, Blauschimmelkäse, Wild mit Fruchtsauce oder solo als Meditationswein
- Glaswahl: Große bauchige Gläser für mehr Aroma
Süßer Rotwein – unterschätzt, aber spannend
Süßer Rotwein ist kein Massenprodukt, sondern ein bewusst hergestellter, charakterstarker Wein mit viel Genuss-Potenzial. Ob als leichter Lambrusco, edler Dornfelder oder konzentrierter Recioto – die Vielfalt ist größer als oft gedacht.
Wir empfehlen: Ausprobieren und vergleichen, denn süßer Rotwein hat seinen festen Platz im Weinuniversum verdient.
