Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. In der Nacht zum Sonntag führte Russland den bisher größten Drohnenangriff auf ukrainische Städte durch. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs wurden insgesamt 273 unbemannte Luftfahrtsysteme auf ukrainische Städte und Dörfer abgefeuert. Diese Entwicklung reiht sich ein in eine lange Geschichte der Eskalation, die wir in diesem Artikel chronologisch aufarbeiten und mit aktuellen Analysen ergänzen.
Aktuell: Massiver russischer Drohnenangriff auf die Ukraine
Zerstörungen nach dem jüngsten russischen Drohnenangriff in der Region Kiew (Foto: Ukrainisches Verteidigungsministerium)
In der Nacht zum 18. Mai 2025 führte Russland den bisher umfangreichsten Drohnenangriff auf die Ukraine durch. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs wurden insgesamt 273 unbemannte Luftfahrtsysteme auf ukrainische Städte und Dörfer abgefeuert. Die ukrainische Luftverteidigung konnte 88 Drohnen abschießen, während 128 weitere Drohnen ihre Ziele nicht erreichten.
Besonders betroffen waren die Regionen Dnipro, Donezk und Kiew. Im Kreis Obuchiw in der Region Kiew kam eine Frau bei dem Angriff ums Leben, mindestens drei weitere Personen wurden verletzt. Die Angriffe folgten nur einen Tag nach den gescheiterten Friedensgesprächen in Istanbul, was von vielen Beobachtern als bewusste Eskalation Russlands gewertet wird.
«Alle Verstorbenen waren Zivilisten. Und den Russen konnte nicht entgangen sein, auf welche Art von Fahrzeug sie gezielt haben», erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach einem weiteren tödlichen Angriff auf einen Evakuierungsbus in der Region Sumy.
Chronologie des Ukraine-Konflikts: Von der Krim-Annexion bis heute

Übersicht der Konfliktgebiete in der Ukraine (Stand: Mai 2025)
2014: Beginn des Konflikts
Der Konflikt in der Ukraine begann im Februar 2014 mit der russischen Annexion der Krim. Nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch besetzte Russland die Halbinsel und führte ein umstrittenes Referendum durch, das international nicht anerkannt wurde. Parallel dazu begannen prorussische Separatisten mit russischer Unterstützung einen bewaffneten Aufstand in der Ostukraine, insbesondere in den Regionen Donezk und Luhansk.
2014-2022: Der «eingefrorene Konflikt»
In den folgenden Jahren entwickelte sich der Konflikt im Osten der Ukraine zu einem sogenannten «eingefrorenen Konflikt». Die Minsker Abkommen von 2014 und 2015 sollten eine friedliche Lösung herbeiführen, wurden jedoch nie vollständig umgesetzt. Trotz offizieller Waffenruhen kam es immer wieder zu Kämpfen entlang der Kontaktlinie, die mehr als 14.000 Menschenleben forderten.
Tiefer eintauchen in die Geschichte des Konflikts
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24. Februar 2022: Russlands umfassende Invasion
Am 24. Februar 2022 begann Russland eine umfassende Invasion der Ukraine. Präsident Wladimir Putin bezeichnete den Angriff als «militärische Spezialoperation» mit dem Ziel einer «Entnazifizierung» und «Entmilitarisierung» der Ukraine. Russische Truppen drangen von mehreren Seiten in die Ukraine ein, darunter aus Belarus im Norden, von der Krim im Süden und aus Russland im Osten.

Russische Truppen bei der Invasion der Ukraine im Februar 2022
2022-2023: Ukrainische Gegenoffensiven
Nach anfänglichen russischen Gebietsgewinnen gelang es der ukrainischen Armee, unterstützt durch westliche Waffenlieferungen, mehrere erfolgreiche Gegenoffensiven durchzuführen. Im Herbst 2022 befreite die Ukraine große Teile der Regionen Charkiw und Cherson. Im Sommer 2023 startete die Ukraine eine weitere Gegenoffensive, die jedoch nicht die erhofften Durchbrüche erzielte.
2024: Russische Offensive und ukrainische Kursk-Operation
Anfang 2024 ging Russland erneut in die Offensive und erzielte Gebietsgewinne im Osten der Ukraine. Im August 2024 überraschte die Ukraine mit einer Operation in der russischen Region Kursk, bei der ukrainische Truppen mehrere Kilometer auf russisches Territorium vordrangen und dort Stellungen hielten.
Mai 2025: Gescheiterte Friedensgespräche in Istanbul
Am 16. Mai 2025 fanden in Istanbul die ersten direkten Gespräche zwischen ukrainischen und russischen Delegationen seit drei Jahren statt. Die Gespräche endeten jedoch ohne substantielle Fortschritte in Richtung einer Waffenruhe. Lediglich ein Gefangenenaustausch von jeweils 1000 Kriegsgefangenen wurde vereinbart. Russland bestand weiterhin auf seinen Maximalforderungen, darunter die vollständige Anerkennung der besetzten Gebiete als russisches Territorium.
Aktuelle diplomatische Entwicklungen

Europäische Staats- und Regierungschefs bei einem Treffen zur Ukraine-Krise (Mai 2025)
Die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges haben in den letzten Tagen an Intensität gewonnen. US-Präsident Donald Trump hat für heute (19. Mai 2025) ein Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angekündigt, bei dem es um eine mögliche Waffenruhe und Handelsvereinbarungen gehen soll.
Im Vorfeld dieses Gesprächs haben die Staats- und Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und Italiens in einem Telefonat mit Trump die Notwendigkeit von Sanktionen gegen Russland betont, falls Moskau sich nicht ernsthaft auf Friedensgespräche einlässt.
«Am Montag muss Präsident Putin zeigen, dass er den Frieden will, indem er den von Präsident Trump vorgeschlagenen und von der Ukraine und Europa unterstützten 30-tägigen bedingungslosen Waffenstillstand akzeptiert.»
Putin selbst zeigte sich in einem kürzlich veröffentlichten Interview wenig kompromissbereit. «Wir haben genug Kraft und Ressourcen, um das, was wir 2022 angefangen haben, zu einem logischen Ende zu führen – mit den Ergebnissen, die Russland braucht», sagte er dem kremltreuen Journalisten Pawel Zarubin.
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Die strategische Bedeutung von Drohnenangriffen im Ukraine-Krieg

Ukrainische Soldaten mit Drohnenabwehrsystemen (Foto: Ukrainisches Verteidigungsministerium)
Drohnen haben sich im Verlauf des Ukraine-Krieges zu einem entscheidenden Faktor entwickelt. Beide Seiten setzen verschiedene Typen von unbemannten Luftfahrzeugen ein – von kleinen Aufklärungsdrohnen bis hin zu großen Kampfdrohnen wie den iranischen Shahed-Drohnen, die Russland für Angriffe auf ukrainische Städte und Infrastruktur einsetzt.
Der jüngste massive Drohnenangriff zeigt eine beunruhigende Eskalation in der russischen Kriegsführung. Mit 273 eingesetzten Drohnen in einer einzigen Nacht testet Russland die Grenzen der ukrainischen Luftabwehr und versucht, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren.
Taktische Vorteile von Drohnenangriffen
- Kostengünstig im Vergleich zu konventionellen Raketen
- Schwer durch Luftabwehrsysteme zu bekämpfen
- Können in großer Zahl eingesetzt werden, um Abwehrsysteme zu überlasten
- Psychologische Wirkung durch konstante Bedrohung
- Geringeres Risiko für eigene Truppen
Besonders perfide ist der Einsatz von Drohnen gegen zivile Ziele wie den Evakuierungsbus in der Region Sumy, bei dem neun Menschen getötet wurden. Solche Angriffe könnten als Kriegsverbrechen eingestuft werden, da sie gezielt die Zivilbevölkerung treffen.

Zerstörter Evakuierungsbus nach einem russischen Drohnenangriff in der Region Sumy (Mai 2025)
Internationale Reaktionen auf die jüngsten Entwicklungen

EU-Kommissionspräsidentin bei der Ankündigung neuer Sanktionen gegen Russland
Die internationale Gemeinschaft hat mit Besorgnis auf die jüngsten russischen Drohnenangriffe und das Scheitern der Friedensgespräche in Istanbul reagiert. Die Europäische Union kündigte ein neues Sanktionspaket gegen Russland an, das unter anderem eine Senkung des Preisdeckels für russisches Öl sowie weitere Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor und gegen Schiffe der russischen «Schattenflotte» vorsieht.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bezeichnete die gescheiterten Gespräche in Istanbul als «sehr enttäuschend» und machte die «mangelnde Bereitschaft Russlands» für das Scheitern verantwortlich. «Die diplomatischen Bemühungen, die wir bisher unternommen haben, sind leider an der mangelnden Bereitschaft Russlands gescheitert, jetzt erste Schritte in die richtige Richtung zu tun», sagte Merz.
«Wir sind uns einig darüber, dass die russische Seite eine gute Gelegenheit gehabt hätte in dieser Woche, erste Gespräche über ein Friedensabkommen mit einem vorangegangenen Waffenstillstandsabkommen zu führen. Wir sind sehr enttäuscht, dass dies nicht stattgefunden hat.»
Die NATO bekräftigte ihre Unterstützung für die Ukraine und forderte Russland auf, die Angriffe auf zivile Ziele einzustellen. Auch die Vereinten Nationen verurteilten den Angriff auf den Evakuierungsbus in der Region Sumy als mögliches Kriegsverbrechen.
Experten-Analyse zu den internationalen Reaktionen
Hören Sie unsere Analyse zu den diplomatischen Entwicklungen und möglichen nächsten Schritten der internationalen Gemeinschaft.
Die humanitäre Lage in der Ukraine

Verteilung humanitärer Hilfsgüter in der Ukraine (Foto: Ukrainisches Ministerium für soziale Politik)
Nach mehr als drei Jahren Krieg hat sich die humanitäre Lage in der Ukraine dramatisch verschlechtert. Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, insbesondere in den frontnahen Gebieten. Die jüngsten Drohnenangriffe haben die Situation weiter verschärft, da sie gezielt zivile Infrastruktur wie Stromversorgung und Wasserwerke treffen.
Besonders besorgniserregend ist die Lage der Binnenvertriebenen. Der Angriff auf den Evakuierungsbus in Sumy zeigt die Gefahren, denen Menschen ausgesetzt sind, die aus den Kampfgebieten fliehen wollen. Nach Angaben des Bürgermeisters von Bilopillja waren die meisten Insassen des angegriffenen Busses ältere Frauen im Rentenalter.
Aktuelle humanitäre Herausforderungen
- Über 6 Millionen Binnenvertriebene innerhalb der Ukraine
- Kritische Infrastruktur in vielen Regionen beschädigt oder zerstört
- Eingeschränkter Zugang zu medizinischer Versorgung
- Nahrungsmittelknappheit in frontnahen Gebieten
- Psychologische Traumata durch anhaltende Angriffe
Standpunkt: Die Eskalation des Konflikts und die Aussichten auf Frieden (19.05.2025)

Friedensdemonstration für die Ukraine in Berlin (Mai 2025)
Der massive russische Drohnenangriff vom 18. Mai 2025, nur einen Tag nach den gescheiterten Friedensgesprächen in Istanbul, zeigt deutlich, dass Russland derzeit kein ernsthaftes Interesse an einer Beendigung des Krieges hat. Die von Russland gestellten Bedingungen – darunter die vollständige Anerkennung der besetzten Gebiete als russisches Territorium und die Neutralität der Ukraine – sind für Kiew unannehmbar und würden einer Kapitulation gleichkommen.
Die internationale Gemeinschaft steht vor der schwierigen Aufgabe, den Druck auf Russland zu erhöhen, ohne eine weitere Eskalation zu riskieren. Die angekündigten neuen Sanktionen der EU sind ein Schritt in diese Richtung, doch ihre Wirksamkeit bleibt fraglich, da Russland in den vergangenen Jahren Wege gefunden hat, die bestehenden Sanktionen zu umgehen.
Das für heute geplante Telefonat zwischen US-Präsident Trump und dem russischen Präsidenten Putin könnte ein wichtiger Moment sein. Doch Putins jüngste Äußerungen und der massive Drohnenangriff lassen wenig Hoffnung auf einen Durchbruch. Die Ukraine und ihre Verbündeten müssen sich darauf einstellen, dass der Krieg noch länger andauern könnte.
«Wladimir Putin will kein Ende dieses Krieges. Er besteht auf seinen Maximalforderungen, das hat sich auch an der Zusammensetzung der russischen Delegation gezeigt, und ist vom russischen Delegationsleiter auch so bestätigt worden.»
Angesichts der humanitären Katastrophe, die der Krieg verursacht, ist es jedoch unerlässlich, die diplomatischen Bemühungen fortzusetzen. Die Ukraine hat das Recht auf ihre territoriale Integrität und Souveränität, und die internationale Gemeinschaft muss sie dabei unterstützen, sich gegen die russische Aggression zu verteidigen.
Gleichzeitig müssen alle Beteiligten realistische Wege zu einem Waffenstillstand und letztendlich zu einem gerechten Frieden suchen. Die Zivilbevölkerung in der Ukraine zahlt jeden Tag einen hohen Preis für diesen Krieg, wie der jüngste Angriff auf den Evakuierungsbus in Sumy schmerzlich vor Augen führt.
Fazit und Ausblick
Der Ukraine-Krieg hat nach mehr als drei Jahren eine neue Eskalationsstufe erreicht. Der massive russische Drohnenangriff vom 18. Mai 2025 und das Scheitern der Friedensgespräche in Istanbul zeigen, dass eine schnelle diplomatische Lösung derzeit unwahrscheinlich ist. Die internationale Gemeinschaft muss weiterhin Druck auf Russland ausüben und gleichzeitig die Ukraine unterstützen.
Die kommenden Tage werden zeigen, ob das Telefonat zwischen Trump und Putin zu einer Deeskalation beitragen kann oder ob der Konflikt weiter eskaliert. Unabhängig davon bleibt die humanitäre Lage in der Ukraine kritisch, und die internationale Hilfe für die betroffene Zivilbevölkerung muss fortgesetzt und verstärkt werden.
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