Biografie: Von Buenos Aires zum Petersdom
Jorge Mario Bergoglio in seinen frühen Jahren als Priester in Argentinien
Jorge Mario Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936 in einem Vorort von Buenos Aires als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Seine Kindheit war von bescheidenen Verhältnissen geprägt, die später sein Verständnis für die Armen und sein Eintreten für soziale Gerechtigkeit formten.
Nach einer Ausbildung zum Chemietechniker trat Bergoglio am 11. März 1958 dem Jesuitenorden bei. Dieser Schritt markierte den Beginn seines geistlichen Weges. Er studierte Geisteswissenschaften und Philosophie in Chile sowie später Theologie am Colegio Máximo San José in San Miguel, Argentinien.
Die Kathedrale von Buenos Aires, wo Bergoglio als Erzbischof diente
Am 13. Dezember 1969 empfing er die Priesterweihe. In den folgenden Jahren übernahm er verschiedene Aufgaben innerhalb des Jesuitenordens, darunter als Novizenmeister und Theologiedozent. Von 1973 bis 1979 war er Provinzial des Jesuitenordens in Argentinien – eine Zeit, die von politischen Spannungen und der Militärdiktatur geprägt war.
Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie
1992 ernannte Papst Johannes Paul II. Bergoglio zum Weihbischof in Buenos Aires. Sechs Jahre später, am 28. Februar 1998, wurde er zum Erzbischof von Buenos Aires ernannt. In dieser Position erwarb er sich den Ruf, bescheiden und volksnah zu sein. Er verzichtete auf die erzbischöfliche Residenz und nutzte öffentliche Verkehrsmittel statt einer Limousine.
Am 21. Februar 2001 erhob ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal. Von 2005 bis 2011 hatte er den Vorsitz der Argentinischen Bischofskonferenz inne. In dieser Zeit positionierte er sich klar zu gesellschaftlichen Themen und kritisierte offen die Korruption der Herrschenden sowie die miserablen Lebensbedingungen vieler Menschen.
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Besonderheiten seines Pontifikats
Papst Franziskus während seiner Amtseinführung am 19. März 2013
Am 13. März 2013 wurde Kardinal Bergoglio im fünften Wahlgang zum 266. Papst gewählt. Er wählte den Namen Franziskus in Anlehnung an den Heiligen Franz von Assisi, der für Armut, Demut und Naturverbundenheit steht. Mit dieser Namenswahl setzte er bereits ein erstes Zeichen für die Ausrichtung seines Pontifikats.
Reformen und neue Akzente
Franziskus begann sein Pontifikat mit dem Versprechen, die Kirche zu reformieren und sie näher zu den Menschen zu bringen. Er initiierte Reformen der Kurie, der vatikanischen Verwaltung, und bemühte sich um mehr Transparenz in den Finanzen des Vatikans. Ein wichtiger Schritt war die 2022 veröffentlichte neue Kurienverfassung, die unter anderem Laien und Frauen Führungspositionen ermöglicht.
Papst Franziskus bei seiner ersten Reise nach Lampedusa im Juli 2013
Seine erste Reise als Papst führte ihn am 8. Juli 2013 auf die italienische Flüchtlingsinsel Lampedusa. Dort kritisierte er die «Globalisierung der Gleichgültigkeit» gegenüber Migranten und setzte damit ein starkes Zeichen für sein Engagement für Flüchtlinge und Migranten.
Soziallehre und Umweltschutz
Mit seiner Enzyklika «Laudato Si'» (2015) stellte Franziskus den Umweltschutz in den Mittelpunkt kirchlicher Lehre. Er verband darin ökologische Fragen mit sozialer Gerechtigkeit und kritisierte den ungezügelten Kapitalismus. Diese Enzyklika gilt als wegweisend für die kirchliche Positionierung zu Umweltfragen.
Enzyklika «Laudato Si'» (2015)
Über die Sorge für das gemeinsame Haus – verbindet Umweltschutz mit sozialer Gerechtigkeit
Enzyklika «Fratelli tutti» (2020)
Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft – Aufruf zu globaler Solidarität
Apostolisches Schreiben «Evangelii Gaudium» (2013)
Über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute – Programm seines Pontifikats
In seiner Enzyklika «Fratelli tutti» (2020) rief Franziskus zu mehr globaler Solidarität und Geschwisterlichkeit auf. Er kritisierte Nationalismus und plädierte für eine Welt ohne Grenzen und Mauern. Diese Dokumente spiegeln seine Vision einer Kirche wider, die sich aktiv für soziale Gerechtigkeit einsetzt.
Interreligiöser Dialog
Papst Franziskus und Großimam Ahmad Al-Tayyeb unterzeichnen das Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen in Abu Dhabi, 2019
Franziskus setzte sich intensiv für den Dialog zwischen den Religionen ein. Ein Meilenstein war sein Besuch in Abu Dhabi im Februar 2019 – der erste Besuch eines Papstes auf der arabischen Halbinsel. Dort unterzeichnete er gemeinsam mit dem Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmad Al-Tayyeb, ein Dokument über die «Brüderlichkeit aller Menschen».
Ein weiterer historischer Moment war das Treffen mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. im Februar 2016 auf Kuba – die erste Begegnung zwischen einem Papst und einem russisch-orthodoxen Patriarchen seit der Kirchenspaltung vor fast 1000 Jahren.
«Die Verschiedenheit der Menschen in Bezug auf Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Ethnie und Sprache ist von Gott gewollt. Mit seiner Weisheit wollte Gott die Menschen erschaffen und sie verschieden machen.»
Herausforderungen und Kontroversen
Umgang mit Missbrauchsskandalen
Eine der größten Herausforderungen für Papst Franziskus war der Umgang mit den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche. Im Februar 2019 berief er eine beispiellose Konferenz zum Thema Kinderschutz ein. Am 15. Mai 2021 verurteilte er den sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche scharf und nannte Kindesmissbrauch «psychologischen Mord».
Mit dem Apostolischen Schreiben «Vos estis lux mundi» (2019) führte er neue Verfahren ein, um Missbrauchsfälle aufzuklären und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Dennoch kritisierten Opferverbände, dass die Maßnahmen nicht weit genug gingen.
Kurienreform und innerkirchliche Widerstände
Papst Franziskus bei einer Ansprache vor Kardinälen im Vatikan
Die von Franziskus angestoßene Reform der Kurie stieß auf Widerstand innerhalb der Kirche. Konservative Kreise kritisierten seinen Führungsstil und theologische Positionen, insbesondere seine Öffnung gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen, wie sie im nachsynodalen Schreiben «Amoris Laetitia» (2016) zum Ausdruck kam.
Auch seine Haltung zum Synodalen Weg in Deutschland war ambivalent. Am 18. Juli 2022 äußerte er sich kritisch zu diesem Reformprozess und warnte vor einer Gefährdung der Einheit der Kirche. Gleichzeitig stimmte er im März 2023 zu, dass in Deutschland wiederverheiratete geschiedene Menschen und homosexuelle Paare gesegnet werden können.
Positionen zu gesellschaftlichen Themen
Franziskus› Haltung zu Homosexualität war vielschichtig. Einerseits sprach er sich gegen Diskriminierung aus («Wer bin ich, dass ich richte?»), andererseits bezeichnete er 2018 Homosexualität als «Modeerscheinung» und plädierte dafür, homosexuelle Männer nicht zu Priestern zu weihen. 2020 sprach er sich dann für eingetragene Lebenspartnerschaften als rechtliche Absicherung für homosexuelle Paare aus.
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Zitate und symbolträchtige Gesten
Papst Franziskus wäscht am Gründonnerstag die Füße von Gefangenen – eine symbolträchtige Geste der Demut
«Wer bin ich, dass ich richte?»
«Diese Wirtschaft tötet.»
«Die Erde, unser Haus, scheint sich immer mehr in eine unermessliche Mülldeponie zu verwandeln.»
Franziskus› Pontifikat war geprägt von symbolträchtigen Gesten. Dazu gehörten die Fußwaschung von Gefangenen am Gründonnerstag, sein Verzicht auf die päpstliche Wohnung im Apostolischen Palast zugunsten einfacherer Räume im Gästehaus Santa Marta und seine Wahl eines bescheidenen Papamobils statt einer Luxuslimousine.
Besonders eindrucksvoll war sein einsamer Segen «Urbi et Orbi» auf dem menschenleeren Petersplatz während der Corona-Pandemie am 27. März 2020. Dieses Bild wurde zum Symbol für die globale Krise und die Rolle der Kirche in Zeiten der Not.
Papst Franziskus spendet den Segen «Urbi et Orbi» auf dem menschenleeren Petersplatz während der Corona-Pandemie, 27. März 2020
«Eine Kirche, die nicht aus sich herausgeht, früher oder später erkrankt sie in der stickigen Atmosphäre ihrer Abgeschlossenheit.»
Fazit: Einfluss auf die moderne Kirche
Papst Franziskus hat in seinem Pontifikat neue Akzente gesetzt und die katholische Kirche in vielen Bereichen verändert. Seine Betonung der Barmherzigkeit, sein Einsatz für die Armen und Ausgegrenzten sowie sein Engagement für Umweltschutz haben das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit geprägt.
Als «Paradigmenwechsel» wird wahrgenommen, dass er den Bischofskonferenzen größere Verantwortung übertragen und Leitungspositionen mit Frauen besetzt hat. Gleichzeitig blieb er in vielen Fragen der kirchlichen Lehre traditionell, was zu Spannungen zwischen Reformern und Traditionalisten führte.
Papst Franziskus inmitten von Gläubigen – ein Bild für seine Volksnähe
Sein Pontifikat wird in die Geschichte eingehen als eine Zeit des Aufbruchs und der Herausforderungen. Franziskus hat die Kirche näher zu den Menschen gebracht und sie ermutigt, an die «Peripherien» zu gehen – sowohl geografisch als auch existenziell. Seine Vision einer «armen Kirche für die Armen» bleibt ein Leitbild für die Zukunft.
Infobox: Papst Franziskus auf einen Blick
- Geburtsname: Jorge Mario Bergoglio
- Geboren: 17. Dezember 1936 in Buenos Aires, Argentinien
- Amtsantritt: 13. März 2013
- Motto: «Miserando atque eligendo» (Durch Erbarmen erwählt)
- Besonderheiten: Erster Papst aus Lateinamerika, erster Jesuit als Papst, erster Papst mit dem Namen Franziskus
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Quellen und weiterführende Literatur
- Haunhorst, Regina/Schmidt, Lara: Biografie Papst Franziskus, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, https://www.hdg.de/lemo/biografie/franziskus.html
- Deutsche Bischofskonferenz: Papst Franziskus, https://www.dbk.de/katholische-kirche/vatikan/papst-franziskus
- Bistum Regensburg: Papst Franziskus: Leben, Theologie und Wirken, https://bistum-regensburg.de/news/papst-franziskus-leben-theologie-und-wirken