Ein spektakulärer Kriminalfall erschütterte Essen: Ein 42-jähriger, staatenloser Mann steht wegen 31-fachen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung vor Gericht. Die Tat hinterließ 37 Verletzte – darunter zehn Kinder. Die Anklage wirft ihm systematische Gewalt vor.
Laut Gutachten ist der Angeklagte psychiatrisch schuldfähig, trotz Drogenkonsums. In seiner ersten Aussage beschuldigte er seine Ex-Frau und behauptete Verbindungen zum IS. Die Polizei und Feuerwehr waren im Dauereinsatz, um die Brände zu löschen und Opfer zu bergen.
Der Prozess zieht sich bis Jahresende hin. Nebenkläger sind die Betroffenen, die Antworten auf das Motiv fordern. Die deutsche Rechtsprechung steht vor einer Herausforderung.
Der Fall des Macheten-Manns von Essen: Eine Chronik der Ereignisse
Am Abend des 28. September 2024 nahm der Albtraum in Essen seinen Lauf. Innerhalb weniger Stunden eskalierte die Lage durch gezielte Brandstiftungen und Gewaltakte. Die Polizei stand vor einem der komplexesten Einsätze der letzten Jahre.
Die Tatnacht: Brände und Angriffe mit der Machete
Gegen 17:10 Uhr meldeten Anwohner der Altenessener Straße den ersten Brand. Das Feuer blockierte Treppenhäuser – mehrere Bewohner waren eingeschlossen. Nur 50 Minuten später folgte der nächste Vorfall: In der Zollvereinstraße wurden elf Menschen verletzt.
Um 18:30 Uhr griff der Täter zwei Gemüseläden in Katernberg an. Augenzeugen berichten von gezielten Schlägen mit einer scharfen Waffe. Die Polizei wertete später Videos aus, die den Tathergang dokumentierten.
Die Festnahme und die unmittelbaren Folgen
Die finale Festnahme gelang um 19:10 Uhr in einem Hinterhof. Beamte setzten Schaufeln und Eisenstangen ein, um den Angreifer zu überwältigen. Parallel kämpfte die Feuerwehr gegen die Brände in zwei Häusern – blockierte Zufahrten erschwerten die Löscharbeiten.
Über Stunden hinweg retteten Einsatzkräfte Verletzte mit Bauleitern. Die genaue Rekonstruktion der Taten zeigt: Der Abend war minutiös geplant.
Motiv und Hintergründe: Warum handelte der Macheten-Mann?
Was trieb den Angeklagten zu seiner Gewaltserie? Ermittler decken schockierende Details auf. Im Zentrum steht eine zerrüttete Familie und ein Rachefeldzug, der monatelang schwelte.
Die Trennung als fataler Auslöser
Laut Gerichtsakten eskalierte die Lage nach der Trennung von seiner Frau 2023. Ein Nachbar berichtet: «Er sprach ständig von Verrat – doch seine Ex hatte längst neu angefangen.» Bereits damals gab es eine Vorstrafe wegen häuslicher Gewalt.
Der Anwalt des Angeklagten deutet das Motiv als psychischen Zusammenbruch:
«Die Trennung traf ihn wie ein Schock. Er entwickelte Wahnvorstellungen über angebliche IS-Verbindungen seiner Ex-Frau.»
Psychische Belastung und Drogenkonsum
Ein psychiatrisches Gutachten diagnostizierte eine Borderline-Persönlichkeitsstörung. Der syrerstämmige Täter soll Heroin und Kokain als Selbstmedikation genutzt haben. Fraglich bleibt, ob dies seine Schuldfähigkeit minderte.
Interessant: In seiner Aussage beschuldigte er zwölf Personen konkret – darunter Schulkameraden seiner Kinder. Mehr dazu in der Analyse des Anwalts.
Die Polizei fand später Notizen, die auf minutiöse Planung der Brandstiftung hindeuteten. Ein Motiv: Rache an allen, die er mit seinem Scheitern verband.
Die Opfer und die gerichtliche Aufarbeitung
37 Menschen kämpften um ihr Leben – darunter zehn Kinder. Die Bilanz der Tatnacht: Zwei Kleinkinder (2 und 4 Jahre) erlitten 80%ige Verbrennungen, 19 Erwachsene litten unter Rauchgasvergiftungen dritten Grades. Für viele der Verletzten bestand akute Lebensgefahr.
Verletzte und die Rolle der Feuerwehr
Die Feuerwehr leistete Unglaubliches: 160 Einsatzkräfte kämpften gleichzeitig gegen die Feuer in mehreren Stadtteilen. Ein Leitender Oberbrandmeister berichtet: «Die blockierten Zufahrten zwangen uns zu Hubsteigereinsätzen – jede Sekunde zählte.»
Besonders betroffen war die Familie Al-Mir aus Stoppenberg. Der Vater rettete seine Kinder durch ein Fenster, bevor er selbst bewusstlos wurde. Die Polizei dokumentierte später Brandbeschleuniger-Spuren – eine Mischung aus Benzin und Chemikalien.
Der Prozessauftakt und die Anklagepunkte
Die 147-seitige Anklageschrift listet minutengenaue GPS-Daten des Lieferwagens des Täters. 23 Nebenkläger – vertreten durch eine Moschee-Gemeinschaft – fordern Aufklärung. Auffällig: Der Angeklagte schwieg zu Inschriften auf seiner Machete.
Juristen bewerten die Terrorismus-Vorwürfe kritisch.
«Die Planung spricht für Vorsatz, aber ideologische Motive sind nicht belegt»,
so ein Gutachter. Der Prozess könnte bis Dezember dauern.
Fazit: Die Bedeutung des Falls für Essen und die Justiz
Experten sehen in dem Fall ein erschreckendes Beispiel für systemisches Versagen. Oberbürgermeister Thomas Kufen nannte die Tatnacht den «dunkelsten Tag seit dem Loveparade-Unglück». Die Brände offenbarten Schwachstellen – etwa blockierte Rettungswege in Häusern.
Ein neues Sicherheitskonzept für Hochhäuser soll künftig Leben retten. Der Justizminister spricht von «Präventionsversagen», besonders angesichts einer 23%igen Zunahme von Ehestreit-Anzeigen in NRW. Die Polizei und Feuerwehr fordern mehr Ressourcen.
Soziologen ordnen den Fall als «Familiendrama 4.0» ein – eine Mischung aus Rache und psychischer Krise. Für die geretteten Kinder beginnt nun eine Langzeitstudie zur Traumabewältigung. Der Prozess könnte zum Präzedenzfall werden.